Login




oder neu registrieren?


Suche

Suchen Sie im kath.net Archiv in über 70000 Artikeln:







Top-15

meist-diskutiert

  1. Klerikalismus im Bistum Passau
  2. Experte: In Liturgie öfter das "Große Glaubensbekenntnis" verwenden
  3. Evangelische bayerische Landeskirche traut Homosexuelle
  4. "Retter des Stephansdoms" sagte Nein zum Vernichtungsbefehl
  5. ‚Die Hölle gibt es wirklich – und viele sind auf dem Weg dorthin‘
  6. Der verkleidete Menschenfreund
  7. Vatikan geht gegen Missbrauch bei "bestellten Messen" vor
  8. Buddhist riet Indonesierin, die „Drei Ave Maria-Novene“ zu beten – Sie wird an Ostern getauft!
  9. „Times“: Bei den Katholiken Großbritanniens läuft eine „stille Erweckung“
  10. Von der Unfähigkeit, ruhig in einem Raum zu bleiben
  11. Gott will, dass wir treu sind!“
  12. Putin lässt am Palmsonntag Kirchbesucher bombardieren - Mehr als 30 Tote in Sumy
  13. EINMALIGE CHANCE! Große Baltikum-Reise mit kath.net - Mit Erzbischof Gänswein!
  14. Historiker: Johannes Paul II. sollte "der Große" genannt werden
  15. Wann hat Frau Esken das letzte Mal mit einem Normalbürger gesprochen?

Vergebung – eine seelische Schwerarbeit

9. Oktober 2018 in Spirituelles, 4 Lesermeinungen
Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden


In einem Test waren jene, „die den Weg der Vergeltung für richtig hielten, am Ende unzufriedener als die Vergleichsgruppe ohne Revanchsgedanken.“ Gastkommentar der Religionspsychologin Martha von Jesensky


Zürich (kath.net) Wer betrogen, verletzt, verleumdet oder beleidigt wird, leidet gleich mehrfach. Durch die Ungerechtigkeit selbst, die ihm zugeführt wurde, aber auch durch die negativen Gefühle, wie Wut, Enttäuschung, Traurigkeit oder Scham. All das erschöpft den Betroffenen, zwingt ihn immer wieder über das Geschehene nachzudenken, er fühlt sich vom Schicksal benachteiligt. Eine solche Gefühlsverfassung bedeutet Mehrfachbelastung, der Betroffene steht unter Dauerstress. (Vgl. Prof. Robert D. Engricht, Universität Wisconsin)

Was nun? Ein Weg wäre Rache zu üben. Das verschafft zwar eine kurze Befriedigung, nicht aber eine langfristige. Das haben die Psychologen um Kevin Carlsmith von der Colgate-Universität in Hamilton in einem Experiment gezeigt. Diejenige Probanden (Testpersonen), die den Weg der Vergeltung für eine Ungerechtigkeit für richtig hielten, waren am Ende der Testphase unzufriedener als die Vergleichsgruppe ohne Revanchsgedanken.

Misshandlungen schaden nicht nur der Seele, sie können auch Lebensbiografien zerstören.

Eine andere Möglichkeit, um mit Verletzungen umzugehen, ist die Verdrängung eines erlittenen Unrechts. Ein Davonlaufen vor den eigenen Gefühlen. Auch für die Pinnebergerin Anke Hiddfeld schien dies als einzige Methode zu sein, um innerlich mit ihrer Verletzung aus der Kindheit fertig zu werden: Wiederholte Misshandlungen durch den alkoholisierten Vater. Später brach sie den Kontakt zu ihrer Eltern komplett ab. Bis sie merkte, dass die Wunden nicht schließen wollten. Sie kamen ihr immer wieder ins Gedächtnis.


Dann entschloss sie sich für einen anderen, bis dahin undenkbaren Weg. In einem Buch „Du sollst Vater und Mutter ehren?“, schildert sie ihre Geschichte. Sie stellte sich ihren Gefühlen – und konfrontierte schließlich auch die Eltern mit der Vergangenheit.

Der Vater bat seine Tochter um Verzeihung, und Anke Hiddfeld gewährte sie ihm. Heute sagt sie: „Ich habe nicht vergessen, aber ich habe ihm vergeben. Weil ich verstanden habe, dass auch meine Eltern mit ihrer eigenen Geschichte nicht anders sein konnten, als sie waren.“ Danach fühlte sie sich befreit von Groll, Angst und Trauer. (Vgl. Psychologie Heute, 09/2018)

Der Persönlichkeits- und Entwicklungspsychologe Professor Mathias Allemand, erklärt: „Wenn Menschen im Alltag ständig darüber nachdenken, wie sie sich für das erlittene Unrecht rächen könnten, kostet das viel Zeit und Energie … Demgegenüber verzeihen hilft, geschehenes Unrecht zu verarbeiten, loszulassen und in den eigenen Lebenslauf zu integrieren. Das heißt: zu akzeptieren, dass Verletzungen zum Leben gehören. Wir tun einander ständig weh, oft schon wenn wir Erwartungen eines anderen nicht erfüllen.“

Viele Menschen empfinden die Geste der Vergebung noch immer als Geschenk desjenigen, der verletzt wurde, an denjenigen, der ihm übel mitgespielt hat. Die Psychologin Verena Kast erklärt: In diesem Falle springt das Opfer sozusagen über seinen Schatten, um den Täter freizusprechen. Doch neuere Forschungen zeigen, dass dies ein großes Missverständnis ist – denn es geht zunächst nicht um den Täter, sondern um die Person, die verzeiht: Kast sagt: Verzeihen führt zu größerer Freiheit und lässt uns das Leben aktiv gestalten. Man tritt aus der Opferrolle heraus. (PH, Sept. 2018)

Die Psychologen nennen das Selbstheilungsprozess. Ziel ist, einen Strich unter das Geschehene zu ziehen – für sich selbst. Es finden intensive innere Selbstgespräche statt, „eine mentale, gedankliche Bewältigung eines Ereignisses, das zunächst Enttäuschung, Wut, Ärger, Verletzung und seelische Schmerzen auslöste. Man spürt dem Ereignis in sich nach, forscht nach Auswirkungen, beschäftigt sich mit den geschlagenen Wunden am Ich - und fragt sich dabei auch, wie wichtig einem der andere eigentlich ist. (Reinhard Tausch)

Aber – genügt das? Im Sinn des Evangeliums ist Vergebung mehr als ein selbtstherapeutischer Akt. Es ist ein Gebet, ähnlich dem Gebet des ersten christlichen Märtyrers Stephanus, der, nachdem er gedemütigt und gesteinigt wurde, nichtsdestotrotz, für seine Peiniger betete: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! Dann sank er in die Knie und schrie laut: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!“ (Apg. 7, 59-60)

Ich weiß, so etwas übersteigt unsere Kräfte. Aber es lohnt sich ein solches Gebetsniveau anzustreben. Es hilft nicht nur unserem eigenen Seelenheil, sondern auch der Seelenrettung des Peinigers.

Dr. phil. Martha von Jesensky (Foto) ist Religionspsychologin und praktizierende Katholikin. Die Schweizerin führte lange eine eigene Praxis in Zürich, ihren (Un-)Ruhestand verbringt sie in Matzingen TG.

Foto (c) Martha von Jesensky


Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!

 





Lesermeinungen

Um selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen.

Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net)
kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.


Mehr zu

Vergebung

  1. ‚Der Hass wird nicht gewinnen’
  2. "Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben...?"
  3. USA: Beschwerde gegen Richterin, die reumütiger Täterin Bibel gab
  4. „Wenn es dir wirklich leid tut, verzeihe ich dir“!
  5. Kinofilm präsentiert Vergebung als "Das größte Geschenk"
  6. Vergebung – ein Arzneimittel ohne Risiken und ohne Nebenwirkungen
  7. Irak: Sterbendes Mädchen bittet um Vergebung für IS-Mörder
  8. Sühne - Suche nach dem Sinn des Kreuzes
  9. Christen können in Partnerschaften leichter vergeben
  10. Vater vergibt dem Mörder seiner Tochter






Top-15

meist-gelesen

  1. EINMALIGE CHANCE! Große Baltikum-Reise mit kath.net - Mit Erzbischof Gänswein!
  2. Eine wichtige BITTE an Ihre Großzügigkeit! - FASTENSPENDE für kath.net!
  3. Klerikalismus im Bistum Passau
  4. Der verkleidete Menschenfreund
  5. Eis für Papst Franziskus - "Kleine Sünden" im Krankenstand
  6. „Times“: Bei den Katholiken Großbritanniens läuft eine „stille Erweckung“
  7. Historiker: Johannes Paul II. sollte "der Große" genannt werden
  8. Waren Zisterzienser die Inspiration für die Modeschöpferin Coco Chanel?
  9. "Retter des Stephansdoms" sagte Nein zum Vernichtungsbefehl
  10. Christentum im Norden Nigerias „wächst astronomisch“
  11. ‚Die Hölle gibt es wirklich – und viele sind auf dem Weg dorthin‘
  12. Buddhist riet Indonesierin, die „Drei Ave Maria-Novene“ zu beten – Sie wird an Ostern getauft!
  13. Gott will, dass wir treu sind!“
  14. Vatikan geht gegen Missbrauch bei "bestellten Messen" vor
  15. Putin lässt am Palmsonntag Kirchbesucher bombardieren - Mehr als 30 Tote in Sumy

© 2025 kath.net | Impressum | Datenschutz