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"Wir wollen unschuldig sein"

19. Juli 2019 in Kommentar, 18 Lesermeinungen
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"Die Frage ist: Macht es die Welt besser, was Seawatch fordert?" - Seawatch will nicht nur vor Ertrinken retten, sondern Migranten in Europa aufgenommen sehen. Gastkommentar zum Engagement von Kapitänin Rackete. Von Boris Palmer/Bündnis 90/Die Grünen


Tübingen (kath.net) Diese Gedanken veröffentlichte der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer zuerst auf seinem Facebookauftritt. kath.net dankt für die freundliche Erlaubnis zur Weiterveröffentlichung.

Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Seawatch-Aktivisten und Kapitän Europa (Spiegel) Rackete sich moralisch im Recht fühlen und ihren Einsatz als menschliche Notwendigkeit begreifen. Deswegen finde ich jede Form der persönlichen Herabsetzung dieses Engagements verwerflich. Wir brauchen Menschen, die unsere Welt besser machen wollen.

Die Frage ist nur: Macht es die Welt besser, was Seawatch fordert? In einem Punkt ja: Wir dürfen niemand im Mittelmeer ertrinken lassen. Dass Europa nicht in der Lage ist, das mit militärischen Schiffen zu verhindern, ist grauenhaft und empörend. Die Flotten der EU-Staaten sind wahrlich groß genug, um das Mittelmeer zu sichern.

Die Forderung, dass alle aus dem Wasser geretteten und in Libyen gestrandeten Migranten in Europa aufgenommen werden müssen zeigt aber das Problem der Seawatch: Sie wollen nicht nur vor dem Ertrinken retten, sie verlangen, die Aufnahme aller Migranten, die bis ans Mittelmeer kommen, in Europa.

Das überfordert Europa. Wenn nicht ökonomisch, dann politisch und gesellschaftlich. Das wollen die Seawatch-Aktivisten nicht wahrhaben, weil es für sie anders ist. Man kann aber nicht die eigene Weltsicht allen anderen aufzwingen.


Aber entscheidend ist etwas anderes: Es ist auch moralisch falsch, ausgerechnet die in Libyen gestrandeten Migranten nach Europa zu holen, sei es von einem Boot oder von der Küste. Warum?

Diejenigen, die versuchen, auf diesem hoch gefährlichen Weg nach Europa durchzukommen, sind selten diejenigen, die Hilfe am dringendsten benötigen. Es sind überwiegend junge Männer, die stark genug sind, die Strapazen auf sich zu nehmen und mehrere tausend Dollar zusammenkratzen können, um es bis auf ein Boot zu schaffen.

Wer nur dieser Gruppe die Aufnahme in Europa ermöglicht, macht etwas grundlegend falsch. Die nach zehntausenden zählenden misshandelten Frauen aus dem Kongo erhalten auf diesem Weg keine Hilfe. Die Menschen, die am dringendsten Hilfe benötigen, schaffen es nicht bis ans Mittelmeer. Wir müssten direkt in den Krisengebieten Fluchtwege eröffnen.

Wir nutzen also unsere knappen Ressourcen zur Aufnahme von Menschen ganz falsch, wenn wir nur nach Libyen schauen. Und was wäre wohl die Folge einer solchen Entscheidung? Ein noch viel größerer Migrationsstrom nach Libyen würde sich auf den Weg machen. Seawatch ignoriert den offenkundigen Pull-Effekt ihrer Aktivitäten konsequent, weil damit die Sinnlosigkeit dieses Vorgehens offenkundig würde.

Im Kern geht es bei Seawatch nach meiner Überzeugung nicht allein um die Rettung von Menschen, sondern darum, keine Schuld auf sich zu laden. Doch das gelingt nicht.

Die UNO hat in diesen Tagen bekannt gegeben, dass wir eine furchtbare Entwicklung erleben: Der Hunger auf der Welt hat über Jahrzehnte abgenommen. Wir waren auf einem guten Weg, besonders in Afrika, durch Entwicklung menschenwürdige Lebensbedingungen zu schaffen. Seit 2015 hat sich der Trend umgekehrt, heute hungern 30 Millionen Menschen mehr als vor vier Jahren.

30 Millionen Menschen! Das ist nur eine Fußnote in den Zeitungen wert. Getan wird nichts. 30 Menschen auf einem Seawatch-Boot können hingegen die europäische Öffentlichkeit eine ganze Woche beschäftigen und schaffen es auf alle Titelseiten. Die wirklich wichtigen Probleme blenden wir erfolgreich aus. Wichtig ist uns nur, was wir direkt zu Gesicht bekommen. Die Moral endet am eigenen Horizont.

Das heißt alles nicht, dass Seawatch etwas falsch macht. Es heißt aber, dass diejenigen, die Seawatch unterstützen, weit davon entfernt sind, alles richtig zu machen. Wir müssen die Systeme von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik anpassen, um das Leben der Menschen in den armen Ländern zu verbessern. Diese Aufgabe ist millionenfach wichtiger, als unser Bedürfnis zu stillen, nicht schuld zu sein am Schicksal von Migranten, die sich selbst bewusst in Gefahr bringen durch den Versuch, den Durchbruch nach Europa zu erzwingen. Es notwendig sie, zu retten. Es ist falsch, sie nach Europa zu bringen, wo bekanntlich die Frage, ob sie einen Anspruch auf Asyl haben, gar keine Rolle mehr spielt, weil hier bleibt, wer einmal den Fuß auf europäischen Boden gesetzt hat.

Weniger Moralisieren und mehr nüchterne Analyse der Fakten und der Hilfsmöglichkeiten wäre das Gebot der Stunde. Erst die Fakten, dann die Moral.


Video-Blog mit Nicole - Die Tugenden - Teil 1 - Die Klugheit from kath.net on Vimeo.


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