14. September 2024 in Familie
Die Gesellschaft sollte Mütter und Väter dabei unterstützen, dass diese ihre Kinder betreuen können. Diese personalisierte Erziehung bilde die beste Basis für die Entwicklung der Kinder, sagt James Heckman.
Zürich (kath.net/jg)
Der amerikanische Ökonom und Nobelpreisträger James Heckman (80) hat in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung den Niedergang der Familie als Ursache für viele soziale Probleme bezeichnet. (Siehe Link am Ende des Artikels)
Diese Entwicklung sei nicht nur in den westlichen Ländern festzustellen. Wörtlich sagte Heckman: „Weltweit befindet sich die Familie als Institution im Niedergang. Und diese Entwicklung steht am Ursprung ganz vieler sozialer Probleme.“
Wenn die Familie stark fragmentiert sei, fehle es an elterlicher Zuwendung für die Kinder. Die Betreuung der Kinder durch die Mutter sei „zu einem knappen und teuren Gut geworden“. Heckman sieht im Eintritt vieler Frauen ins Erwerbsleben in den letzten Jahrzehnten eine Errungenschaft. Diese habe allerdings zu einer „Kommerzialisierung der Familie geführt“, was bedeute, dass die Preismechanismen auch in der Familie gelten. Dabei sei es in den Hintergrund gerückt, dass die Familie die Aufgabe habe, die zukünftigen Generationen heranzuziehen. Diese Arbeit erhalte keine Wertschätzung mehr, warnt Heckman.
Besondere Bedeutung habe die Betreuung der Kinder in den ersten Lebensjahren. Mit der frühkindlichen Förderung erziele man „mit Abstand die größte Wirksamkeit“, ist Heckman überzeugt. Dazu gebe es eindeutige wissenschaftliche Studien. Kinder, die im Alter von drei bis vier Jahren mehr Zuwendung erhalten, meistern ihr Leben später besser. Dreijährige Kinder, die sich aggressiv verhalten, würden als Erwachsene mit größerer Wahrscheinlichkeit kriminell, sagt der Ökonom.
Die Gesellschaft sollte Mütter und Väter besser dabei unterstützen, dass ihre Kinder möglichst gut betreuen können. „Diese personalisierte Erziehung bildet die beste Basis“, sagt Heckman wörtlich. Kindertagesstätten „könnten daneben auch einen Beitrag leisten“, meint er.
Die Zunahme psychischer Erkrankungen unter jungen Menschen sei zum Teil ebenfalls auf den Niedergang der Familie zurückzuführen, sagt Heckman. Zwar könnten psychische Erkrankungen heute besser diagnostiziert werden als früher, die psychische Gesundheit hänge aber stark von den familiären Bindungen ab. In einer schwachen Familie sei es auch schwieriger, ein Kind zu unterstützen.
Familien stünden heute allgemein unter mehr Stress. Oft seien beide Eltern berufstätig, was die Ressourcen für die Betreuung der Kinder einschränke. Die Gesellschaft setze aber voraus, dass die Eltern ihre Kinder erfolgreich großziehen. Obwohl die Erziehung der Kinder die Allgemeinheit betreffe, werde sie als private Angelegenheit behandelt.
Abschließend plädiert Heckman für mehr Verantwortungsbewusstsein. Heute mache sich zunehmend eine Opferhaltung breit, auf beiden Seiten des politischen Spektrums. Die Politiker würden den Menschen einreden, dass sie zu kurz kommen und ungerecht behandelt würden. Statt dessen sollte man den Menschen die nötigen Instrumente und Anreize geben, damit sie ihre Chancen und Möglichkeiten nutzen könnten, schlägt Heckman vor.
Link zum Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung: «Der Niedergang der Familie ist der Ursprung ganz vieler sozialer Probleme»: Der Nobelpreisträger James Heckman weiss, woran die Welt krankt
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