Ordinatio sacerdotalis ist nach 30 Jahren immer noch de fide

20. Mai 2024 in Kommentar


Sei es eine kardinale Vertröstungsstrategie oder dogmatisches Vabanquespiel, in beiden Fällen wären Hollerichs Äußerungen zu sakramentalen Frauenweihen verwerflich. Der Montagskick von Peter Winnemöller


Rom (kath.net)

Pfingsten ist traditionell in den meisten Bistümern in Deutschland der Termin der Priesterweihe. Am Vigiltag wird geweiht, am Pfingstsonntag ist feierliche Primiz. So weit, so gut. In Deutschland ist eine solche Weihe inzwischen der Sonderfall. Auch die klassische Primiz, getragen von der Heimatgemeinde und den Eltern des Neupriesters wird zu einem seltenen Ereignis in deutschen Pfarreien. Drei Priester weihte am vergangenen Samstag der Erzbischof von Paderborn und lag damit wohl zahlenmäßig weit vorn. Münster, die andere schwarze westfälische Hochburg musste erneut auf Neupriester verzichten. Noch vor dreißig Jahren weihte Paderborn dreißig Priester im Jahr. Es gab strenge Auflagen, wie viele Personen ein Weihekandidat zur Weiheliturgie einladen durfte. Oft passten nicht einmal alle Geschwister in den Dom. Dicht gedrängt standen die Gläubigen hinten und an den Seiten im Dom. Noch immer ist der Dom zur Weihe gut gefüllt, aber stehen muss in der Liturgie niemand mehr.

Die Gesamtzahl der in diesem Jahr neugeweihten Priester in Deutschland entspricht in etwa der Zahl der früher allein in Paderborn geweihten Priester. Im hohen Norden, im Erzbistum Hamburg, ist nicht einmal ein Student auf dem Weg zum Priesteramt, was nicht weniger bedeutet, als dass es dort mindestens sieben Jahre keine neuen Priester geben wird. Um zu verstehen, dass das Priestertum in Deutschland in einer Krise ist, braucht es nicht einmal den synodalen Weg, der sich gar erdreistete, die Frage zu stellen, ob wir überhaupt Priester brauchen. Nun, die Synodalisten werden es wohl zum Teil noch erfahren, ob sie vielleicht doch irgendwann mal einen Priester bräuchten, denn bei so fortschreitender Entwicklung wird man wohl in manchen Regionen Deutschlands 100 km und mehr zurücklegen müssen, um einem Priester zu begegnen. Die Krise des Priestertums ist in Deutschland vor allem auch eine Krise des Glaubens. Den Neupriestern sei viel Kraft und Mut gewünscht. Ihr Dienst ist schwer aber von unschätzbarem Wert.

In weltlichen Zusammenhängen gibt es sehr weltliche Antworten auf einen Mangel an Bewerbern in bestimmten Berufen. Allenthalben ist – nicht erst seit gestern – vom Fachkräftemangel die Rede. Die demografische Katastrophe in westlichen Ländern zwingt zu neuen Ideen. „Frauen in Männerberufe“, so hieß ein Slogan, der schon vor vielen Jahren den Nachwuchsmangel im Handwerk beseitigen sollte. Moderne Technik macht es möglich, in vielen Berufen auch Frauen einzusetzen, weil zunehmend weniger Körperkraft erforderlich ist. Dass Frauen an Geschick und Ausdauer einem Mann in nichts nachstehen, dürfte klar sein, dennoch dürften nur die wenigsten Frauen in der Lage sein ein 50 kg schweres Maschinenteil über Kopfhöhe zu heben und das mehrmals am Tag. Ehrlicherweise können die meisten Männer das auch nicht. Aber der Beruf der Malerin oder der KFZ- Mechatronikerin sind inzwischen – neben vielen anderen Männerberufen – für Frauen gut erlernbar und können auch ohne gesundheitliche Risiken lange Zeit ausgeübt werden.

In geistlichen Zusammenhängen ist das nicht so einfach. Natürlich kann eine hinreichend begabte Frau Theologie studieren. Die Frage nach dem Sinn eines Theologiestudiums für Laien kann man stellen, denn fast alle beruflichen Verwendungen hängen an der Kirche und hier besonders an der wirtschaftlichen Fähigkeit konkreter Diözesen, Männer und Frauen einzustellen und angemessen zu bezahlen. Derzeit mag das in Deutschland ein Leichtes sein, ob das in 50 Jahren noch so ist, sei einmal dahingestellt. Zudem fällt auf, dass sich die Zahl der katechetisch gut geschulten gläubigen ehrenamtlichen Laien offensichtlich umgekehrt proportional zur Anzahl der studierten hauptamtlichen Laien verhält.

Der Priesterberuf als solcher ist in jeder Hinsicht besonders, denn allein das Theologiestudium oder eine Ausbildung zum pastoralen Dienst befähigt niemanden, Priester zu werden. Es gehört eine Berufung dazu. Berufung ist immer ein Dreischritt: Neigung, Eignung und Annahme durch die konkrete Gemeinschaft. Neigung dürfte klar sein, man muss es schon wollen. Eignung ist schon erklärungsbedürftiger, zumal nicht überall in der Welt die Priesterausbildung eine akademische Ausbildung ist. Trotzdem sollte ein Priester theologisch gebildet sein. Erst der dritte Teil prägt der Berufung sozusagen das Siegel der Authentizität auf. Sich „berufen zu fühlen“ ist noch lange keine Berufung. Eine Befindlichkeit wie es ein Gefühl ist, ist nicht nichts, es reicht aber einfach nicht aus, um den Sachverhalt der Berufung zu begründen. So mögen sich derzeit viele Frauen „berufen fühlen“, geweihte Priesterin in der Kirche zu werden. Es ist ein großes Problem, dass es offensichtlich nicht genügend mutige Priester aber auch andere geistlich lebende Männer und Frauen gibt, die diesen Gefühligkeiten frühzeitig hinreichend entschieden und einfühlsam entgegen getreten sind. Insbesondere bei Frauen liegt in diesen Versäumnissen ein großer Leichtsinn vor, der aus einem „sich in Sicherheit fühlen“ der Verantwortlichen hervorgehen mag. Es wird in der katholischen Kirche keine Priesterinnen geben, warum also sollte man sich auf Diskussionen einlassen. Wie groß die Gefahr dieses Trugschlusses ist, zeigten die einschlägigen tränenreich und argumentenarm geführten Debatten des synodalen Weges von DBK und „ZdK“. Am 22. Mai 1994 veröffentlichte der Heilige Papst Johannes Paul II. das Apostolische Schreiben Ordinatio Sacerdotalis (OS). In wenigen Tagen jährt sich dieser Tag zum 30. Male. Eine Nachfrage bei der Glaubenskongregation ergab, der Inhalt des Schreibens, das Männern vorbehaltene sakramentale Priestertum, ist de fide. Damit ist es für Katholiken verbindlich zu glauben und zu bekennen. In der katholischen Kirche wird es niemals, auch wenn es wehtut, Priesterinnen geben. Das ist ein Faktum.

Vor diesem Hintergrund ist die Äußerung des Synodenrelators Kardinal Hollerich, die kirchliche Position zu weiblichen Priestern sei „keine unfehlbare Lehrentscheidung“, sodass sie auch geändert werden könne, schlicht ein Irrtum. Die Glaubenskongregation müsste diese Aussage unbedingt öffentlich korrigieren. Hier zeigt die Äußerung eines Kardinals nur zu deutlich den Bruch. Selbst innerhalb des Kardinalskollegiums gilt nicht mehr, was Papst Johannes Paul II im Jahr 1994 noch feststellen konnte, dass „..die Lehre über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe sowohl von der beständigen und umfassenden Überlieferung der Kirche bewahrt als auch vom Lehramt in den Dokumenten der jüngeren Vergangenheit mit Beständigkeit gelehrt worden ist“. (OS 4) Man darf es wohl als einen Wink des Heiligen Geistes ansehen, der den Heiligen Papst angeleitet, exakt in dem Moment, als die Lehre noch im ganzen Lehramt der Kirche vertreten war, diese unfehlbare Lehrentscheidung zu veröffentlichen. Immerhin, so schrieb der Papst damals schon, „hält man sie (die oben erwähnte Lehre – Anm. PW) in unserer Zeit dennoch verschiedenenorts für diskutierbar, oder man schreibt der Entscheidung der Kirche, Frauen nicht zu dieser Weihe zuzulassen, lediglich eine disziplinäre Bedeutung zu“. (OS 4) Genau diese, von einem Heiligen Papst verworfene und als Irrtum gekennzeichnete, Haltung vertritt Kardinal Hollerich. Man kann einfach nicht genug davor warnen, sich diese irrige Ansicht zu eigen zu machen. In der Tat besteht die Gefahr, dass es an einzelnen Stellen der Kirche in naher Zukunft zu unerlaubten und ungültigen Weihehandlungen kommt, die in letzter Konsequenz kirchenspaltend wirken würden. Egal wer eine solche Handlung vornimmt oder (scheinbar) erlaubt, sie wird nicht innerhalb der Kirche geschehen können.

Man kommt nicht umhin, es klar zu sagen, dass der Kardinal hier mit dem Feuer der Kirchenspaltung spielt. Nun kann es sich, Hollerich ist Jesuit, um eine Strategie der Vertröstung handeln, um für die kommende Synode, wo das Thema gar nicht behandelt werden wird, die Wogen vorab zu beruhigen. Das Thema ist aber so emotional aufgeladen, dass eine solche Äußerung nur maximal beunruhigen kann. Sowohl diejenigen, die eine unmögliche Frauenweihe fordern, als auch jene, die im Einklang mit der unveränderlichen Lehre der Kirche an Ordinatio sacerdotalis festhalten, werden durch die ungeschickte Äußerung von Kardinal Hollerich getriggert.

Um der Vollständigkeit Willen ist auch in Betracht zu ziehen, dass der Kardinal der irrigen Ansicht ist, die Kirche werde irgendwann Frauen zu Priesterinnen weihen. Sollte dies so sein, dann betreibt der Kardinal ein dogmatisches Vabanquespiel, das er und alle die mit ihm gehen, nur verlieren können. Auf dem deutschen synodalen Weg hat man gesehen, wie massiv emotional und befindlichkeitsgesteuert das Thema „Priestertum der Frau“ diskutiert wurde. Sacherwägungen spielten dort längst keine Rolle mehr, woke Identitätspolitik ließ Frauen in der Kirche Opferstatus erlangen, so dass ihren Forderungen schon aus diesem Grund nicht mehr widersprochen werden darf. Tatsächlich lassen sich Parallelen zu staatlicher Identitätspolitik nicht wegdiskutieren. In Belgien passiert nun, was schon lange zu befürchten war, eine Frau ist bestrebt, sich in einen Diakonatskurs ihrer Diözese hineinzuklagen. Man darf abwarten, ob es dieser Prozess ist oder ein späterer, der vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EMGR) verhandelt werden wird. Ob sich der EMGR an dogmatischen Festlegungen der Kirche oder an weltlichen Antidiskriminierungsvorschriften orientieren wird, dürfte kaum eine Frage sein. Je größer hier die Verunsicherung in der Kirche wird und je weniger vor allem die Gläubigen klar und unverrückbar hinter der Lehre der Kirche stehen, umso größer ist am Ende die Gefahr für die Kirche in Europa. Denn auch das sollte man bedenken, ist der Spaltpilz schon in der Kirche, macht man es den zahlreichen Feinden unseres Glaubens viel leichter die schon latente Christenverfolgung auch in Europa immer weiter voranzutreiben.

 

Kontakt Kardinal Hollerich

 


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