Wir brauchen einen Beauftragten für die Theologie des Leibes

13. Mai 2024 in Kommentar


Forderungen die Moral zu ändern, mögen populär sein, zielführend sind sie nicht. Egal, was deutsche (Weih-)Bischöfe denken, Gottes Gebote gelten weiter. Der Montagskick von Peter Winnemöller


Rom (kath.net)

Die deutschen Bischöfe haben einen Beauftragten für Queerpastoral. Der Essener Weihbischof Ludger Schepers hat diese Beauftragung übernommen und macht seitdem queere Lobbyarbeit wider die Sexualmoral der Kirche. Diese Sexualmoral, ließ Schepers die Rheinische Post in einem Interview wissen, müsse dringend geändert werden. Der Herr Beauftragte wird auch noch konkreter. Er unterstellt der Kirche, queeren Menschen das Menschsein abzusprechen, da, so Schepers, die kirchliche Lehre nach wie vor davon ausgehe, dass es nur Mann und nur Frau gebe. Ferner spricht sich der Bischof dafür aus, die Regelungen des Katechismus zu außerehelichen sexuellen Akten dahingehend zu ändern, dass auch Akte außerhalb der Ehe in jeglicher Konstellation nicht mehr als Sünde gelten. Implizit deutet der Bischof an, dass die Benennung einer Sünde als Sünde eine Diskriminierung darstelle. Diskriminierungen verbiete der Katechismus jedoch. Der Katechismus, so der Essener Weihbischof, müsse geändert werden. Auch der Generalvikar des Ruhrbistums hatte sich in der vergangenen Woche neben einer Abschaffung des Zölibats für Priester und der Weihe von Frauen zu Priesterinnen ebenfalls für eine Reform der katholischen Sexualmoral ausgesprochen. In einer erstaunlich diskriminierend bipolaren Heteronormativität hatte der Manager des Bistums Essen offensichtlich vergessen, auch queere diverse Priesterpersonen (m/w/d) zu fordern. Manchmal rutscht es den Kirchenmännern eben doch noch durch, dass die schöne bunte woke Vielfalt eben nur auf ihren Lippen und in den diözesanen PR-Abteilungen wohnt. Und schwupps äußert man sich biploar und spricht implizit queeren doch wieder das Menschsein ab. Peinlich. Peinlich. Wer bei den letzten Zeilen nur „Bahnhof“ verstanden hat, lese an dieser Stelle einfach weiter. Es war nicht so wichtig.

Vielleicht ein Witz zur Auflockerung der harten Materie. Als Mose mit den Gesetzestafeln vom Berg Sinai stieg und in die besorgten Gesichter der Ältesten des Volkes sah, sagte er: „Eine gute und eine schlechte Nachricht. Die Gute: ich konnte ihn auf zehn runterhandeln. Die Schlechte: Ehebruch ist noch drin.“ Diesen Makel wollen deutsche Reformkräfte nun schon seit einiger Zeit nach und nach beheben. Aus dem kirchlichen Arbeitsrecht ist das sechste Gebot inzwischen getilgt. Die persönliche Lebensführung spielt, wie es so schön heißt für die Beschäftigung in einer kirchlichen Dienststelle keine Rolle mehr. Gleiches gilt inzwischen auch für die Erteilung der Missio canonica an Religionslehrer. Es gibt inzwischen sehr viele gute Gründe, katholische Kinder vom Religionsunterricht an öffentlichen Schulen abzumelden. Dieser ist nicht der geringste. Was also im obigen Witz den Ältesten des Volkes Israel noch Sorgen bereitete, hat man in der Kirche nun aktiv in Angriff genommen. Ehebruch, also das sechste Gebot, fliegt raus. Diskriminierung heißt der Kampfbegriff, mit dem man hier agiert. Mit einer unterstellten Diskriminierung lässt sich in unserer schönen neuen woken Welt alles torpedieren.

Wir werden wohl auch Genesis 1,27 umschreiben müssen. Die schon in der neuen EÜ sehr weiche Formulierung „männlich und weiblich“, statt „als Mann und Frau“, wie es richtigerweise in der vorherigen Einheitsübersetzung hieß, deutet die kommende Verwirrung an. In der EÜ 3.0 werden wir wohl in Gen 1,27 „als zahllose Geschlechter“ lesen, wenn es so weiter geht. Also auch bei Auswahl der Bibelübersetzung ist große Vorsicht geboten. Schon jetzt sind ideologisch motivierte verfälschende Tendenzen sichtbar. Man erkennt die Tendenz und ist verstimmt. Die Angriffe auf die Lehre gehen bis tief in die Schöpfungstheologie und damit in die christliche Anthropologie hinein. Es geht an die Basis unseres Glaubens, es geht an den von Gott nach seinem Bilde geschaffenen Menschen. Die Angriffe auf die Lehre, die wir gerade erleben, zielen im wahrsten Sinne des Wortes auf den innersten Kern des Menschen.

Das ist nicht neu. Schon die Kirchenväter deuteten den Sündenfall als die „Entdeckung“ der Sexualität. Damit ist gerade nicht gemeint, dass die Ureltern der Menschheit asexuelle Wesen gewesen seien. Vielmehr stand „im Anfang“ die Sexualität des Menschen in vollem Einklang mit der Schöpfung und dem Auftrag des Schöpfers zur Fruchtbarkeit. Dass dies in keinerlei Widerspruch zur lustvollen Seite der Sexualität stehen muss, lehrte in der jüngeren Geschichte der Heilige Papst Johannes Paul II. mit der von ihm vorgetragenen Theologie des Leibes. Wenn wir von einer Weiterentwicklung der Lehre sprechen, dann liegt hiermit wirklich eine vor, denn der heilige Papst verstand es die protestantisierenden Verkrustungen des ausgehenden 19. Und beginnenden 20. Jahrhunderts aufzubrechen. Prüderie war dem Katholischen dem Grunde nach immer fremd. Moralisieren, statt Moral zu lehren, das war es, was einer gesunden Moral entgegenstand. Nicht die Tatsache, dass jemand sündigt ist das Problem. Seit dem Sündenfall sündigen wir alle, jeder ohne Ausnahme. Nicht die Sünde eine Sünde zu nennen ist das Problem, nur was ich kenne, kann bekämpfen und verändern.

Es ist ein Riesenproblem, wenn ein katholischer Bischof das Benennen einer Sünde als Diskriminierung bezeichnet. Ein weitaus größeres Problem ist es, eine Sünde nicht mehr Sünde nennen zu wollen. Der Katechismus ist sehr klar darin, jede sexuelle Handlung außerhalb der Ehe eine Sünde zu nennen und er hat Recht damit. Es kommt weder auf die Konstellation an, wer welchen Geschlechts mit wem welchen Geschlechts was genau tut. Es geht nur um die eine Frage: Verheiratet? Ja oder nein. Und ja, es gibt nur zwei Geschlechter. Und ja, eine Ehe gibt es nur als eine lebenslange Bindung zwischen einem Mann und einer Frau. Diskriminierend? Beklagen Sie sich bei Gott, nicht bei der Kirche.

„Das kann man doch heute so nicht mehr sagen“, hört man oft als Einwand. Konnte man es gestern sagen? War es gestern wahr? Gab es gestern niemanden, der sich daran gestoßen hätte? Seit dem Sündenfall sind die Gebote Gottes dem Menschen ein Ärgernis, weil seine Natur gebrochen ist. Dennoch gibt es, seit Mose die zehn Gebote vom Berg Sinai mitgebracht hat – wie hart er mit Gott verhandelt hat, ist nicht überliefert – keine andere Richtschnur für unser Handeln als diese. Weil aber Gott weiß, dass wir in unserer gebrochenen Natur gar nicht mehr in der Lage sind, diese zehn Gebote, die unserer ursprünglichen Natur eingeschaffen sind, zu halten, hat er uns den Sohn geschickt, der uns erlöst. Es war Jesus, der uns die Barmherzigkeit Gottes gelehrt hat, uns die Versöhnung des Vaters nahegebracht hat und uns die sakramentale Vergebung geschenkt hat.

Was also soll man denken von einem Bischof, der gegen die Lehre Jesu davon spricht, dass es Diskriminierung sei, gemäß der Schöpfung und gemäß den Geboten eine Sünde eine Sünde zu nennen? Was ist zu halten von einem Bischof, der statt von der Vergebung und der Beichte zu reden lieber stattdessen die Sünde abschaffen will. Welch eine Irreführung der ihm anvertrauten Gläubigen begeht ein solcher Bischof, wenn er den Sünder in der Sünde lässt, statt ihm die Gnade Gottes anzubieten, wozu er nicht nur verpflichtetet wäre, sondern qua Weihe auch ermächtigt ist. Die schlimmsten Beichtväter sind die, die den Pönitenten die Sünden ausreden wollen, statt sie ihnen zu vergeben. Die schlimmsten Hirten sind die, die den Menschen erzählen wollen, diese oder jene Sünde gebe es gar nicht. Es ist ja auch viel bequemer von einer gerade gesellschaftlich sehr populären Sünde zu behaupten, es gäbe sie gar nicht.

Ein Blick in die Bibel zeigt es sehr deutlich, dass Jesus diese Hemmungen nicht hatte. Vom Ehebruch spricht er mit einer Deutlichkeit, die schon beängstigend ist. Gucken verboten! Jesus sagt aber an einer Stelle – als es um den Scheidungsbrief geht – etwas sehr Beeindruckendes: „Im Anfang war das nicht so.“ Damit benennt Jesus ganz klar die Disposition der Menschen vor dem Sündenfall. Erst als mit dem Sündenfall der Egoismus Bestandteil der Sexualität des Menschen wird und nicht mehr das mit ihm gebundene Du im Zentrum steht, werden die Herzen der Menschen hart, und damit wird auch dieser wohl schönste Teil der göttlichen Schöpfung wird zu einem sündigen Aspekt im Leben der Menschen. Macht, Gier und Gewalt per-vertieren was eigentlich nur Schönheit, Hingabe und Fruchtbarkeit sein sollen. Dies passiert in jeder Zeit auf die je eigenen Weise. In unserer Zeit ist es eine diverse queere achso gutmenschlich daherkommende Negierung der irregulären Sexualität als Sünde. Und es sind die Hirten der Kirche, die auf dieser sündigen Welle mitschwimmen, weil gerade eine Sünde wider die Natur begangen ausgerechnet von Klerikern in größerer Zahl diese so angreifbar macht. Der Ausweg ist es nicht, die verirrten Hirten zu beschimpfen, obwohl sie es verdient hätten. Man kann und darf ihren Lehren nicht folgen und muss sie das auch wissen lassen. Gebet für die Hirten ist in jedem Falle wichtig. Vielleicht muss es sogar zu einer neuen Spaltung kommen, was ein großer Schmerz wäre und viel Elend, Gewalt und Hass nach sich ziehen würde.

Es gibt für gläubige Katholiken nur einen Ausweg: Der Katechismus, den uns der Heilige Papst Johannes Paul II. vorgelegt hat, gilt weiter. Man kann jedem Katholiken raten, diesen zu lesen und zu studieren. Ja es gilt auch, sich zu ärgern darüber, wo er zwickt und zwackt. Nicht alles erschließt sich sofort, vieles stößt auf Ablehnung, vieles ärgert und kann nicht eingesehen werden. Man muss sich immer wieder die Frage stellen: Wem glaube und traue ich? Einem heiligen Papst oder einem irrlichternden Provinzweihbischof in einem Land, in der Abfall vom Glauben der Normalfall (auch der kirchliche) ist? Trauen wir doch lieber einem heiligen Papst und wer es in Fragen des sechsten Gebotes genau wissen will, die Theologie des Leibes ist inzwischen gut aufbereitet verfügbar. Im Gegensatz zu allen Unkenrufen war Johannes Paul II. sehr realitätsnah und sieht man auf die Verwirrungen unserer Tage, hatte er den Finger exakt am Puls der Zeit. Statt eines Queerbeauftragten hätten die Deutschen Bischöfe besser einen Beauftragten für die Theologie des Leibes ernannt. Kandidaten dafür gäbe es sicher.

Zum Bild oben: Menschliche Zweisamkeit ist nicht nur schön und wichtig, sie ist sogar im Sinne des Schöpfers Voraussetzung für unsere Fortexistenz. Merke: Moral steht nicht für sich, sie steht im Dienst des Menschen.

 

Foto: Pixabay


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