Christi Himmelfahrt: Gott vollendet den Menschen in seiner Würde

3. Mai 2024 in Kommentar


Menschen strampeln sich ab, um Anerkennung zu bekommen und sich wertvoll zu fühlen. Dabei ist das gar nicht nötig. Das bevorstehende Fest „Christi Himmelfahrt“ zeigt, warum - Benedicta am Freitag von Dorothea Schmidt


Regensburg (kath.net)

Würde Jesus heute leben und kurz vor seiner Himmelfahrt stehen, wären seine Jünger neulich wohl aufgebracht zu ihm gerannt und hätten ihm Fotos von der Segensfeier von 13 Frauen gezeigt, die sich zu Diakoninnen haben ausbilden und vom Essener Weihbischof Ludger Schepers segnen lassen — ganz offiziell mit den bischöflichen Insignen Mitra und Bischofsstab, womit der Weihbischof den Segen zur offiziellen Amtshandlung erhob. Wie sollen sie mit solchen Situationen umgehen, wenn Jesus bald nimmer da ist und sie ihn nicht fragen können?

Dem Streben nach dem Amt liegt das Prinzip „tun-haben-sein“ zugrunde: Man tut etwas (Forderungen stellen), um etwas zu bekommen (das Weiheamt), um dann wer zu sein (endlich gleichberechtigt mit den Männern, was das ministerielle Amt betrifft). Es scheint, als wüssten Christen nicht mehr, wer sie in Christus und für ihn sind, welche Würde sie von Gott persönlich erhalten haben, dass Er jedem Einzelnen eine Identität als Kind Gottes und Erbe Christi zuspricht. Das jüngste vatikanische Dokument „Dignitas infinita“ hat es noch einmal wunderbar entfaltet. Darin lesen wir, dass jedem Menschen ontologisch eine unendliche Würde eingeschrieben ist, weil er von Gott gewollt, geschaffen und geliebt ist. Diese Würde gilt immer und, „unabhängig von körperlichen, psychologischen, sozialen oder sogar moralischen Mängeln“, unabhängig von Erfolg und Misserfolg, unabhängig von unseren Aufgaben, unabhängig vom Geschlecht und davon, ob die Frau geweiht ist oder nicht.

Gott hat jedem die unauslöschlichen Züge seines Ebenbildes eingeprägt. Das ist die tiefste Identität des Menschen. Und sie immer tiefer zu verstehen, zu erfahren durch die Liebe anderer Menschen und durch Gottes Liebe.

Christen sind Erben Christi, das heißt eines Gottmenschen, der sich zu einem Niemand hat degradieren lassen, in Armut gelebt hat, bespuckt und physisch wie psychisch gefoltert worden ist, ohne dass er jemals auch nur im Ansatz an seiner Sohnschaft und Würde gezweifelt hat. George Bernanos sagte einmal: „Als unser Herr die Armut ehelichte, hat er den Armen zu solcher Würde erhoben, dass man ihn nie wieder von seinem hohen Sockel wird herunterholen können.“

Jesus hat nicht nur vorgelebt, wie man auch in tiefsten Widrigkeiten als Gottes Kind lebt, das um seine Würde weiß; er ist den Weg der Erniedrigung gehorsam gegangen, um zum wahren Leben erweckt zu werden und in der Himmelfahrt den Menschen zu erhöhen, wie es im Tagesgebet zu Christi Himmelfahrt heißt. Was bedeutet das? Gott hat den Menschen in seiner Würde, die ihm in der Schöpfung geschenkt wurde, vollendet!

Würde Jesus also die Fotos der Jünger von der Segensfeier betrachten, würde er nicht eine Debatte darüber lostreten, was zu tun wäre, damit diesem atemlosen Treiben nach Prestige, Anerkennung und Gleichberechtigung (die besteht sei Jesus ohnehin) kirchenpolitisch beizukommen wäre oder wie man die Damen und den Bischof von solchen Segnungen abhalten könnte. Vielmehr würde er die Fotos mit unendlich großer Liebe betrachten, jeden Einzelnen, der er auf den Bildern sieht, in das Meer seiner grenzenlosen Liebe und Barmherzigkeit tauchen und seinen Vater bitten, jeder dieser Frauen diese Liebe erfahrbar zu machen, gemäß dem Vers aus Jesaja 43: „Weil du in meinen Augen teuer und wertvoll bist und weil ich dich liebe, gebe ich für dich ganze Länder und für dein Leben ganze Völker.“ Er würde seine Jünger lehren, den Blick nicht bloß auf Sorgen und Probleme zu richten— wodurch der Mensch (oder die Kirche) schnell um sich selbst kreist —, sondern auf Gott, unserem Papa im Himmel.

Und dann würde er seinen Jüngern Mut zusprechen. Ihnen war es sicher nicht ganz geheuer, bald ohne Meister zu sein. Aber er beruhigte sie: „Keep cool. Ich gehe nicht in Rente. Ich bleibe bei euch, nur anders.“ Er müsse in den Himmel auffahren, damit seine Botschaft nicht in Israel bleibt, sondern entgrenzt, ja universell wird und die jeden Menschen auf der Erde erreicht. „Es ist nicht das Ende mit euch und mir. Jetzt geht es erst richtig los!“ Helfen wird nun der Heilige Geist, dem nichts unmöglich ist: Durch ihn wurde eine Jungfrau schwanger, durch ihn kommt Jesu Botschaft in die ganze Welt, zu der auch das gehört, was in der Präfation zu Christis Himmelfahrt geschrieben steht: „Er kehrt zu dir heim, nicht um uns Menschen zu verlassen, er gibt den Gliedern seines Leibes die Hoffnung, ihm dorthin zu folgen, wohin er als erster vorausging.“ Und im Tagesgebet lesen wir: „Schenke uns das feste Vertrauen, dass auch wir zu der Herrlichkeit gerufen sind, in die Christus uns vorausgegangen ist, der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.“

Es ist eine hoffnungsvolle Aussage über die Erlösung, zu der Gott jeden genauso ruft wie dazu, ein bisschen Paradies heute schon auf die Erde zu bringen. Jeder Christ ist eingeladen, Zeugnis zu geben von Gottes wunderbarem Wirken in seinem Leben, Jesu hoffnungs- und liebevolle Botschaft zu verkünden, seine Liebe und seine Barmherzigkeit zu verbreiten und jedem Menschen zu sagen: Du bist unendlich geliebt und wertvoll, ein Mensch voll Würde. Um wirklich glücklich zu sein, brauchen Menschen nicht bestimmte, prestigeträchtige Aufgaben, Frauen kein Weiheamt, das es so ohnehin nicht gibt. Oder um es mit der Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz zu sagen: Ob oder in welcher Form der Dienst „in einer neuen Weise formuliert“ wird, ist nach wie vor unklar. Menschen brauchen nur eines: Jesus. Er ist bei uns „alle Tage bis zum Ende der Welt“.


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