14. Oktober 2023 in Chronik
Präsident Erdogan, orthodoxer Patriarch Bartholomaios und Vatikan-"Ökumene-Minister" Koch bei Feier in syrisch-orthodoxer St.-Ephrem-Kirche in Istanbul.
Istanbul (kath.net/ KAP)
In der Türkei ist der erste Neubau einer christlichen Kirche seit Gründung der Republik 1923 eröffnet worden. An der Zeremonie in der syrisch-orthodoxen St.-Ephrem-Kirche in Istanbul nahmen am Sonntag Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und zahlreiche Spitzenvertreter der christlichen Kirchen teil, wie die Zeitung "Hürriyet" berichtet. So konnte der syrisch-orthodoxe Metropolit von Istanbul, Mor Filuksinos Yusuf Cetin, u.a. den orthodoxen Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios, den vatikanischen "Ökumene-Minister" Kardinal Kurt Koch oder den armenisch-orthodoxen Patriarchen Masalyan von Konstantinopel, bei der Feier begrüßen. Der Vorsitzende der assyrischen Stiftung von Istanbul, Sait Susin, sprach von einem "historischen Tag".
In den vergangenen Jahrzehnten hatte die christliche Minderheit in der Türkei ihre Kirchen zwar renovieren dürfen; ein Neubau war staatlicherseits aber lange Zeit nicht genehmigt worden. Die neue Kirche bietet Platz für rund 750 Personen. Neben dem eigentlichen Kirchenraum gibt es zwei Obergeschoße mit Versammlungsräumen, die etwa nach Messen, Taufen oder Hochzeiten genutzt werden können, und eine Tiefgarage mit Parkplätzen. Den Grundstein für den Neubau legte Erdogan 2019 selbst. Die jetzt erfolgte Eröffnung sollte bereits Mitte Februar stattfinden, wurde nach dem verheerenden Erdbeben im Südosten der Türkei und im Norden Syriens am 6. Februar aber verschoben.
Die Angaben über die Zahl der syrisch-orthodoxen Christen in Istanbul schwanken zwischen 12.000 und 17.000. Die Syrisch-orthodoxe Kirche besitzt in Istanbul im Stadtteil Tarlabasi in Beyoglu eine im 19. Jahrhundert gebaute Kirche mit angeschlossenem Gemeindezentrum. Diese Kirche ist aber längst zu klein zu klein geworden. 2009 begann die Istanbuler Stadtverwaltung, auf Anordnung des damaligen Premierministers Erdogan, mit der Suche nach einem Grundstück für einen syrisch-orthodoxen Kirchenbau. 2015 verkündete die türkische Regierung den Plan für den Neubau, der sich danach aber noch mehrere Jahre verzögerte.
Das Grundstück, auf dem die neue Kirche seit 2019 errichtet wurde, war der Katholischen Kirche im Jahr 1868 von einem Gemeindemitglied vermacht und teilweise als Friedhof genutzt worden. Auf dem Gelände befindet sich auch noch eine kleine katholische Friedhofskapelle. Im Jahr 1950 wurde das Areal vom türkischen Staat eingezogen und in städtischen Besitz überführt, der Friedhof wurde geschlossen.
Vor rund einem Jahr hatte der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, gemeinsam mit dem Wiener griechisch-orthodoxen Metropoliten Arsenios (Kardamakis) und einer Delegation der Stiftung Pro Oriente den damals fast fertigen Kirchenbau besucht. Die Österreich-Gruppe war vom syrisch-orthodoxen Metropoliten Mor Filuksinos Yusuf Cetin herzlich empfangen worden. Er betonte bei der Begegnung, dass die Kirche allen Christen offen stehe. Die syrische Kirche wolle sich auch um den Erhalt des katholischen Friedhofs bemühen.
Syrische Kirche nicht anerkannt
Zwar ist die türkische Verfassung seit der Staatsgründung durch Kemal Atatürk offiziell laizistisch. Religiöse Minderheiten außerhalb des sunnitischen Islam haben aber immer wieder unter Diskriminierungen zu leiden. Der türkische Staat erkennt offiziell nur die griechisch-orthodoxe Kirche, die Armenier und das Judentum als religiöse Minderheiten an, denen er - allerdings auch nur beschränkt - Rechte wie eigene Schulen einräumt. Die syrisch-orthodoxe Kirche wie auch die katholische und andere Kirchen werden aufgrund einer umstrittenen Auslegung des Friedensvertrags von Lausanne von 1923 nicht als Minderheiten anerkannt.
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