4. Oktober 2020 in Chronik
Inspektoren der europäischen Anti-Geldwäsche-Kommission Moneyval sehen sich zwei Wochen in Büros der päpstlichen Finanzaufsicht um. Die turnusmäßige Kontrolle trifft den Vatikan in einem delikaten Moment - Von Kathpress-Korrespondent Burkhard Jürgens
Vatikanstadt (kath.net/ KAP)
Dem Vatikan steht am Mittwoch Besuch von der Anti-Geldwäsche-Kommission Moneyval ins Haus. Zwei Wochen lang sollen die Inspektoren des Europarates aus Straßburg vor Ort untersuchen, welche Fortschritte der Heilige Stuhl in den vergangenen Jahren im Kampf gegen zwielichtige Geldgeschäfte und Terrorfinanzierung gemacht hat. Für die Kirchenleitung steht viel auf dem Spiel. Die turnusmäßigen Länderreports bestimmen die Vertrauenswürdigkeit als Finanzplatz. Doch bei interner Transparenz und Selbstkontrolle zeigte sich der Vatikan zuletzt nicht in bester Verfassung.
Der Moneyval-Bericht 2017 bescheinigte dem Vatikan Fortschritte, mahnte aber eine bessere Rechtsdurchsetzung an. So werde bei der nächsten Überprüfung eine Rolle spielen, ob jahrelang hängende Ermittlungen vorankommen und zu Ergebnissen führen. Auch bemängelte die Kommission damals eine personelle Unterbesetzung der vatikanischen Finanzaufsicht.
Zumindest in diesem Punkt ist Abhilfe geschaffen. Wie der Präsident der "Autorita di Supervisione e Informazione Finanziaria", Carmelo Barbagallo, im Juli mitteilte, wurde das Personal von sechs auf zwölf Mitarbeiter aufgestockt. Als Ziele nannte er eine bessere Zusammenarbeit mit Einrichtungen des Heiligen Stuhls und des Vatikanstaats sowie eine Intensivierung der Aufsichtstätigkeit. Das dürfte Moneyval gefallen.
Finanzaufsicht und Investmentaffäre
Barbagallo kündigte im Rahmen einer Neuordnung seiner Behörde auch neue Statuten und eine neue Geschäftsordnung an. Deren Veröffentlichung steht noch aus. Von vier Aufsichtsratsposten sind derzeit bloß drei besetzt. Noch kürzer als der Ende November ernannte Barbagallo sind der Direktor der Finanzaufsicht, Giuseppe Schlitzer, und sein Vize Federico Antellini Russo im Amt; sie wurden im April berufen.
Faktisch ist die Behörde in der Phase eines Neustarts. Vorausgegangen waren Turbulenzen im Oktober 2019: In Zusammenhang mit einer Investment-Affäre im Staatssekretariat gerieten auch die Büros der Finanzaufsicht in eine Razzia. Neben anderen wurde Direktor Tommaso Di Ruzza suspendiert und mittlerweile entlassen, ohne dass der Vatikan je Vorwürfe öffentlich machte. Der frühere Präsident Rene Brülhart sowie zwei von vier Aufsichtsräten warfen das Handtuch.
Der Eklat entzündete sich am Umgang mit einer Geldanlage des Staatssekretariats in dreistelliger Millionenhöhe. Die finanziell klamme Leitungsbehörde steckte das Geld in Erwartung solider Renditen in eine Immobilie in der Londoner Sloane Avenue. Dem Augenschein nach profitierten von der Investition über verschachtelte Fondsgesellschaften vor allem italienische Geschäftsfreunde des Vatikan wie Raffaele Mincione und Enrico Crasso. Inwieweit Gesetze gebrochen wurden, wird gerade gerichtlich untersucht. Papst Franziskus selbst sprach von Korruptionsverdacht.
Eine Folge der Ermittlungen für die vatikanische Finanzaufsicht war ihr zeitweiliger Ausschluss von der Austauschplattform der Egmont Group, einer internationalen Arbeitsgemeinschaft verwandter Behörden. Sie mussten befürchten, dass bei der Razzia geschützte Informationen in falsche Hände gelangten. Seit Januar ist die Exkommunikation aufgehoben - auch das wird Moneyval günstig vermerken.
Möglich wurde die Londoner Investment-Affäre nicht zuletzt dadurch, dass unterschiedliche Behörden in der Kurie eigene Vermögen hüten. Der frühere Wirtschaftschef Kardinal George Pell sprach 2014 von "Hunderten Millionen Euro", die nicht in der allgemeinen Bilanz erschienen. Er scheiterte indessen mit dem Versuch, eine umfassende Kontrolle über die Finanzen zu gewinnen - unter anderem im Konflikt mit Kardinal Giovanni Angelo Becciu, damals Substitut im Staatssekretariat und kürzlich aus dem Amt als Leiter der Heiligsprechungskongregation entlassen. Pells Nachfolger Juan Guerrero bemüht sich seinerseits um eine zentrale Haushalts- und Anlagepolitik.
Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, Moderator des Kardinalsrats zur Kurienreform und damit einer der engsten Berater des Papstes, räumte ein, unter den Vatikanbehörden habe es in Finanzdingen "zu viel Autonomie" gegeben. Das Kontrollsystem müsse korrigiert, die Hoheit des Wirtschaftsrates in Budgetfragen gestärkt werden, sagte er der Zeitung "La Stampa" (Online-Ausgabe Dienstag). Unterdessen ernannte der Papst als zusätzlichen Staatsanwalt am Vatikangericht Gianluca Perone, einen Professor für Handelsrecht. Das Aufräumen geht weiter.
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