23. Juli 2020 in Kommentar
Die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee ist ein weiteres Zeichen der Aggressivität des Islam. Auch im Westen eskaliert der Kulturkampf gegen das Christentum und die abendländische Kultur - Ein Kommentar von Karl-Peter Schwarz
Wien-Linz (kath.net/https://kairos.blog)
In Istanbul wird die Hagia Sophia an diesem Freitag, dem 24. Juli, zum zweiten Mal in ihrer 1500 Jahre alten Geschichte in eine Moschee verwandelt. In Frankreich brannte eine Kathedrale. In Wien prügelten sich türkische Rechtsextreme mit linksextremen Kurden. In Deutschland und in Österreich wurden Rekorde bei den Kirchenaustritten registriert. Gibt es einen Zusammenhang zwischen diesen scheinbar disparaten Ereignissen?
Ein ungeheuerliches Verbrechen stand am Anfang der islamischen Usurpation der Hagia Sophia, die den Orthodoxen so heilig ist wie der Petersdom den Katholiken. Als die türkischen Truppen am 29. Mai 1453 Konstantinopel stürmten, erlaubte ihnen Sultan Mehmed II., der sich als „Vater der Eroberung“ und „Kaiser der Römer“ feiern ließ, die Stadt drei Tage lang zu plündern. Sie brachen in die Basilika ein, in die sich die Christen geflüchtet hatten, raubten die Kirchenschätze, vergewaltigten Frauen und Kinder, töteten alle, die sie für nicht geeignet hielten, um als Sklaven verkauft zu werden. Aus der größten und bedeutendsten oströmischen Kirche, an deren Hochaltar die Kaiser von Byzanz gekrönt wurden, wurde eine Eroberungsmoschee. Ein halbes Jahrtausend später, nach dem Untergang des Osmanischen Reiches, ordnete Kemal Atatürk im Zuge der Säkularisierung und Verwestlichung der Türkei die Umwandlung der Basilika in ein Museum an.
Jetzt machte Recep Tayyip Erdoğan diese Entscheidung rückgängig. Die Botschaft ist klar: Der Dialog zwischen Muslimen und Christen mag im Ausland geführt werden, wo er dazu dient, Zweifel an der Friedfertigkeit des Islam zu zerstreuen. In der Türkei gibt es keinen Dialog, der Islam herrscht unbeschränkt. Kardinal Schönborn mag sich im „Geist von Assisi“ ein „Zentrum der Begegnung der Religionen“ in Istanbul wünschen, doch Muslime wie Erdoğan halten allein schon der Vorschlag, sich mit den „Ungläubigen“ die Nutzung eines Sakralbaus zu teilen, für eine ungeheuerliche Zumutung.
Man hüte sich, die Symbolkraft der Umwidmung zu unterschätzen. Sie ist Teil einer umfassenden neo-osmanischen Strategie der Rückeroberung und Expansion in einem riesigen Raum, der vom Balkan und der Schwarzmeer-Region über das Mittelmeer und seine nahöstlichen und afrikanischen Anrainer bis Gibraltar reicht. Wer in Europa immer noch behauptet, mit der Türkei könne man ein Einvernehmen herstellen, und sei es auch nur mit dem Ziel der Steuerung der Migrationsströme, ist entweder blind oder sagt bewusst die Unwahrheit. Es ist erst vier Jahre her, dass der damalige österreichische Außenminister Sebastian Kurz in Brüssel heftig gescholten wurde, weil er das Offensichtliche aussprach, nämlich dass für die Türkei in der EU kein Platz ist. Doch immer noch kursiert die gefährliche Illusion einer „europäischen Türkei“.
Erdoğan hat eine konsistente, durch und durch aggressiv gestimmte Anhängerschaft, auch unter den türkischen Zuwanderern in Europa, und er zögert nicht, sie für seine Ziele zu instrumentalisieren. Ein Vorspiel zu dem, was den Ländern mit einer starken türkischen Minorität bevorsteht, erlebten die Wiener Ende Juni im Arbeiterbezirk Favoriten, als rechtsextreme graue Wölfe, unterstützt von der türkischen Botschaft, linksextreme Kurden und ihre österreichischen Genossen verprügelten. Erst der massive Einsatz der Polizei konnte die Ruhe wiederherstellen. Wir werden uns auf weitere Gewaltausbrüche vorbereiten müssen, sie gehören zu den unvermeidlichen Folgen der jahrzehntelangen gedanken- und verantwortungslosen Migrationspolitik.
Indes geben die Beschwichtigungshofräte der österreichischen Medien die Schuld den angeblichen Defiziten der heimischen Integrationspolitik. Österreich habe es verabsäumt, den türkischen Immigranten die Doppelstaatsbürgerschaft und das Wahlrecht zu verleihen, konnte man da lesen. „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ halten viele immer noch für die angemessene Antwort auf die Drohung Erdoğans, die Schleusen der Massenmigration zu öffnen, um von den europäischen Ländern noch mehr Geld und politische Zugeständnisse zu erpressen.
In der Türkei selbst mehrten sich während der Corona-Pandemie die Überfälle und Brandanschläge auf christliche Kirchen und Institutionen. Besonders gefährdet sind seit jeher die griechisch-orthodoxen, die armenischen und die syrischen Christen. Die regimetreuen Medien machen sie für alle Übel verantwortlich, von Covid-19 bis zu den Rückschlägen, die die Türkei bei ihren expansiven Abenteuern in Syrien und Libyen erlitten.
Längst hat der antichristliche Furor auch den Westen erfasst. In Amerika rief der linksradikale Schriftsteller Shaun King, einer der Anführer von „Black Lives Matter“, zur Zerstörung christlicher Symbole auf. Die Verehrung von Jesus, sagte King, sei eine „Form der weißen Suprematie“ und der „rassistischen Propaganda“. Im Zuge des Denkmalsturms wurden Statuen des Heiligen Junípero Serra zerstört, eines katalanischen Franziskaners, der sich im 18. Jahrhundert bei den spanischen Behörden für eine bessere Behandlung der Indios eingesetzt hatte.
Der Hass auf das Christentum und die von ihm geprägte abendländische Kultur verbindet den Ikonoklasmus der Islamisten mit der post-marxistischen Kulturrevolution im Westen, die immer mehr chinesische Züge annimmt. Im einst urkatholischen Frankreich „entzünden“ sich Kirchen ganz von allein, manchmal sogar, wie in Nantes, gleichzeitig an drei verschiedenen Stellen. Im vorigen Jahr registrierte das französische Innenministerium 1052 schwerwiegende Angriffe auf Christen, christliche Kirchen und Einrichtungen, wobei das lediglich fünf Prozent aller angezeigten Fälle sind. Wie viele davon islamistisch motiviert waren, von Satanisten begangen wurden oder reine Vandalenakte waren, geht aus der Statistik nicht hervor. Zum Vergleich: 657 schwerwiegende Angriffe richteten sich gegen Juden, 154 gegen Muslime.
Die „Welt“ (27.03.2019) berichtete aus Frankreich, dass nur noch zwei Prozent der getauften Katholiken regelmäßig in die Kirche gehen: „Praktizierende Katholiken sind eine gesellschaftliche Splittergruppe geworden“. In Deutschland traten im Vorjahr 273.000 Katholiken aus der Kirche aus (2018: 216.000), in Österreich 68.000 (2018: 59.000). Nach einer Umfrage der „Tagespost“ erwägen 30 Prozent der deutschen Katholiken den Austritt aus der Kirche. „Kaum jemand will noch Priester werden“, schrieb die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (10.07.2020). In ganz Deutschland wird es in diesem Jahr nur noch 57 Priesterweihen geben. Das säkularisierte Europa ist eine spirituelle Wüste, und die einzige Religionsgemeinschaft, die sich auf ihr ausbreitet, ist der Islam.
© 2020 www.kath.net