Im Amazonas versenkt

7. September 2019 in Spirituelles


Die Worte Jesu von heute sollten uns wecken. Welche Prioritäten setzen wir in unserem Leben? - Gedanken zum Sonntags-Evangelium - Von Prälat Wilhelm Imkamp


Linz (kath.net)
Nach der Wahl ist vor der Wahl, denn irgendwo in Deutschland wird immer gewählt und das bedeutet auch im digitalen Zeitalter aller Umwelt-apokalyptik zum Trotz: Wahlplakate, meist mit dem Gesicht des Spitzen-kandidaten, sympathisch, eher, aber nicht zu jugendlich, dynamisch zupackend, ein wenig sportlich, vertrauenserweckend, blicken sorgfältig gestylte Köpfe, gerne föhnfrisiert, den Passanten an, darunter ein „knackiger“ Slogan, für den der abgebildete Kandidat steht. Wie würde ein Wahlplakat für Jesus aussehen? Ein frisch gestylter Jüngling mit gepflegtem Drei-Tage-Bart und Föhnfrisur, Synoden-Make-up, sozialverträglich, medienaffin, dynamisch offen? Darunter dann womöglich die Forderung nach Tempo hundert auf Autobahnen und abgasfreien Automobilen, aber mit möglichst acht Zylindern.

Verkündigung ist kein Photoshop, wo ein Bild so lange behandelt wird, bis es passt. Auch in unserer Kirche ist die Photoshop-Zeit angebrochen. Die Bilder Jesu werden so lange bearbeitet, bis sie nach Meinung der theologischen Werbedesigner passen. So kommt es dann zu einer Art „Greta“-Religion und die ist alles andere als überzeugend, außer für die Werbedesigner, die davon leben. Nein, ein Plakat für Jesus Christus könnte ein Brustbild des „Schultergeißenheilands“ sein, er findet sich häufig in süddeutschen Kirchen, meistens im Zusammenhang mit einem „Vesper-bild“: ein schmerzverzerrtes Gesicht , die Augen angstvoll aufgerissen und ein an der (meist) linken Schulter die klaffende, blutige Wunde, die das Tragen des schweren Kreuzbalkens verursacht. Darunter der Satz aus dem heutigen Tagesevangelium: „wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein“ (Lk 14,32).

Diesen Jesus wählt man heute nicht, nein, man flüchtet vor ihm in den Zeit-geist-Rausch, der bis zum sozialverträglichen Ableben alles Leid und allen Schmerz verdrängen soll. Der Schultergeißelheiland mit der Kirche, die aus seiner Seitenwunde am Kreuz entstanden ist, wird nicht einmal mehr in den Depots und Reservatenkammern einer satten und müden Anpassungs-kirche aufbewahrt, sondern auf synodalen Wegen unter ekstatischen Tänzen professoraler Schamanen – umwelt- und sozialverträglich – im Amazonas versenkt.

Die Worte Jesu von heute sollten uns wecken. Welche Prioritäten setzen wir in unserem Leben? Im Fremdschämen sind wir ja groß, wie steht es aber um die Selbstkritik? Selbstkritik beginnt beim eigenen Ich und endet da auch! Dann folgen die Fragen: wollen wir überhaupt Jünger Jesu sein oder werden? Wie stehen wir zum Kreuz, sind wir bereit es zu tragen? Sind wir nicht alle doch Sympathisanten und Kollaborateure auf einem synodalen Ferientrip an den Amazonas? Die Botschaft Jesu entschärfen ist verführerisch und leicht. Die Botschaft ernst nehmen und leben ist schwer, macht aber das Leben eigentlich erst im Letzten erträglich.


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