Die US-Kirche braucht weniger, aber bessere Priesterseminare

27. Oktober 2018 in Weltkirche


Unsere Zeit verlangt ein radikales Überdenken der Priesterseminare, schreibt Thomas Berg, ein Priester, der an einem Priesterseminar in New York wirkt.


New York (kath.net/CNA/jg)
An Stelle der derzeit 70 Priesterseminare in den USA sollten 15 bis 20 regionale Seminare treten, die mit den besten Ausbildern des Landes besetzt werden sollten. Das gegenwärtige System bringe Priester hervor, die ihren Aufgaben in den Pfarren nicht immer gewachsen seien, schreibt Thomas Berg in einem Artikel für die Washington Post. Berg ist Priester, Professor für Moraltheologe am St. Joseph’s Seminar in New York und dort auch für die Aufnahmen der Kandidaten zuständig,

In dem Artikel schlägt er eine Reform der Priesterseminare vor, die mehr Wert auf die geistliche und emotionale Formung der Kandidaten legen soll.

Die Ausbildung der Priesteramtsanwärter lege derzeit viel Gewicht auf den akademischen Bereich. Die bestehenden Defizite in der emotionalen und persönlichen Entwicklung würden Priester hervorbringen, die nicht ausreichend auf die Arbeit in einer Pfarre vorbereitet seien.

Wo die persönliche Entwicklung zu kurz komme, könnten leicht ungeordnete Verhaltensweisen Raum gewinnen, darunter jene, die in den letzten Monaten Schlagzeilen gemacht hätten, schreibt Berg.

Zwischen den Seminaristen und der Leitung müsse ein Verhältnis des Vertrauens und der Transparenz bestehen. Dies sei derzeit nicht überall in ausreichender Form gegeben. Es schmerze ihn, wenn er beispielsweise höre, dass Seminaristen nicht wagten, über die Missbrauchsfälle in der Kirche offen sprechen zu können.

Sie sollten ihre Sorgen und Bedenken über die Gemeinschaft, die Ausbildung oder jedes andere Thema ohne Scheu zum Ausdruck bringen können, verlangt Berg.

Alle Seminare sollten klare Richtlinien für sexuelle Belästigung und Missbrauch haben. Jeder Fall müsse auch an die zuständige Diözese gemeldet werden, schlägt er vor.

Weiters regte er an, das Mindestalter für den Seminareintritt auf 22 Jahre anzuheben. Die Kandidaten könnten vorher berufliche Erfahrung sammeln oder einen Abschluss an einem College machen. Die Ausbildung am Seminar sollte von sieben auf acht Jahre verlängert werden. Das erste Jahr sollte der „Entgiftung von der Kultur und den sozialen Medien“ dienen. Ziel sei es, die Kandidaten im Gebet und in der Selbsterkenntnis wachsen zu lassen und ihre männliche Identität zu stärken. Das letzte Jahr sollte der „intensiven Feldarbeit“ im pastoralen Dienst gewidmet sein.

Berg äußerte seine Besorgnis darüber, dass in den Seminaren Priester als Ausbilder tätig seien, denen die Fähigkeiten und der innere Antrieb fehlten, Mentoren, Vorbilder und moralische Instanzen für die Priesteramtsanwärter zu sein. Ein Doktorat in Theologie qualifiziere einen Priester nicht automatisch für diese Aufgabe. Hier seien die Bischöfe in der Verantwortung, schreibt Berg.

Unsere Zeit verlange ein „radikales Überdenken“ der Priesterseminare, das bei den Bischöfen beginnen müsse, fordert er.


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