Kardinal: Kirche in Nicaragua "offen unterdrückt"

26. Juli 2018 in Weltkirche


Opposition und Menschenrechtsgruppierungen klagen Regime an, Gefängnisse in Folterzentren umgewandelt zu haben, in denen auch außergerichtliche Tötungen vorgenommen worden sein sollen


Vatikanstadt-Managua (kath.net/KAP) Die Kirche in Nicaragua wird durch das Regime von Daniel Ortega gezielt verfolgt. Zu diesem Urteil kommt der Erzbischof von Managua, Kardinal Leopoldo Jose Brenes Solorzano, wie "Vatican News" am Dienstag berichtete. Brenes äußerte sich vor der am Montag (Ortszeit) abgehaltenen Beratung der Bischöfe des Landes. Sie wollten entscheiden, ob der nationale Dialog unter ihrer Federführung weitergehen soll. Die schwer wiegenden Anschuldigungen, die Präsident Ortega an ihre Adresse gerichtet hat, gelten dabei als großes Hindernis.

"Die Kirche ist heute in verschiedenen Gegenden der Welt verfolgt", betonte Brenes laut "Vatican Nes": "Das ist Teil der Kirche, die seit jeher verfolgt wird. Das betrifft auch uns." Es seien mindestens sieben tätliche Angriffe auf Kirchenvertreter oder Akte von Prophanisierung verzeichnet worden, seit die Bischöfe Ortega darum gebeten hätten, die Wahlen von 2021 auf März 2019 vorzuziehen.

Auch für die Demonstranten, die seit Monaten auf die Straße gehen, um gegen die zunehmenden Repressalien durch das Regime Ortegas einzutreten, hat sich die Situation spürbar verschärft. Sie müssen mittlerweile fürchten, willkürlich verhaftet und als Terroristen angeklagte zu werden. Mit dieser Anklage drohen ihnen 20 Jahre Haft.

Opposition und Menschenrechtsgruppierungen klagen das Regime an, die Gefängnisse in Folterzentren umgewandelt zu haben, in denen auch außergerichtliche Tötungen vorgenommen worden sein sollen. Verzweifelte Mütter campieren seit Tagen vor dem Hauptstadtgefängnis El Chipote, in der Hoffnung, Nachricht von ihren dort inhaftierten Kindern zu erhalten. Am Wochenende gab es trotz dieser Repressalien zahlreiche weitere Demonstrationen im gesamten Land.

Angesicht der jüngsten Eskalationen bei Massenprotesten in Nicaragua bat Kardinal Brenes das päpstliche Hilfswerk "Kirche in Not" um Druckausübung gegenüber der Ortega-Regierung, damit diese "die Bevölkerung und die Kirchenvertreter wieder respektiert". Brenes berichtete über die angespannte Situation in Masaya. Die 30 Kilometer südlich der Hauptstadt gelegene Stadt gilt als Symbol des Widerstands gegen Präsident Daniel Ortega. Seit 17. Juli wird sie von mehr als tausend Soldaten und Polizisten belagert. "Die Stadt steht unter Kugelhagel", so der Alarm des Kardinals. Über die Zahl der Verletzten lägen noch keine Angaben vor; glücklicherweise seien bislang aus der Stadt noch keine Todesopfer vermeldet worden.

Der Kardinal rief die Bevölkerung auf, nicht auf die Straße zu gehen, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Im ganzen Land haben auch viele Kirchen ihre Türen für die Demonstranten geöffnet. "Wir haben den Aufruf von Papst Franziskus befolgt, Feldlazarett für die Verwundeten zu sein", so Brenes. Ziel sei es ebenso gewesen, die paramilitärischen Truppen einzudämmen und zu vermitteln. "Das hat der Regierung nicht gefallen. Die Unterdrückung richtet sich nun offen gegen die Kirche", so Kardinal Brenes in seinem Brief.

Seit April gibt es in Nicaragua Massenproteste gegen die Regierung unter Präsident Daniel Ortega. Er gehört der Partei der Sandinisten an, die aus einer Guerillaorganisation hervorgegangen ist. Diese hatte 1979 die Diktatur des Somoza-Clans gestürzt. Ortega übernahm in der Folge das Präsidentenamt. Nach einer Wahlniederlage 1990 regiert er seit 2006 erneut mit weitreichenden Vollmachten. Kritiker werfen Ortega Günstlingswirtschaft, Gewaltanwendung und Unterdrückung der Meinungsfreiheit vor.

"Es ist eine sehr schwierige Zeit für die Menschen in Nicaragua", sagte Solórzano gegenüber "Kirche in Not". Er rief die Katholiken weltweit deshalb dazu auf, eine "Gebetskette für unser leidendes Land zu bilden" und die Arbeit der Priester durch Mess-Stipendien zu unterstützen. Denn viele Geistliche seien gezwungen, die Messe unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu feiern.

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