1. Juli 2018 in Aktuelles
Spiritual des überdiözesanen Priesterseminars St. Georgen in Frankfurt: "Insofern mögen sie die jetzige Gestalt der Kirche nicht, weil ihnen momentan viel zu viel offen erscheint und in Frage gestellt wird".
Klagenfurt-Frankfurt (kath.net/ KAP)
"Die junge Generation der Seminaristen ist konservativ geworden": Diese Beobachtung hat Michael Schneider, Spiritual am überdiözesanen Priesterseminar St. Georgen in Frankfurt, gemacht. Die jungen Männer kämen als Fragende und mit dem Wunsch ins Seminar, in die Kirche eingeführt zu werden. "Insofern mögen sie die jetzige Gestalt der Kirche nicht, weil ihnen momentan viel zu viel offen erscheint und in Frage gestellt wird", so der Theologe in der aktuellen Ausgabe der Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag".
Viele der künftigen Priester hätten bereits "einen langen Weg zurückgelegt" und "mussten ihre ersten Schritte auf den neuen Beruf zu schon auf vielfältige Weise verteidigen, sei es in der Familie oder bei den Klassenkameraden, sodass sie mit einem ziemlich gefestigten und überlegten Entschluss ins Priesterseminar eintreten", erläuterte Schneider, der auch das Institut für Dogmen- und Liturgiegeschichte der Jesuiten in Frankfurt leitet.
Überzeugungsarbeit gelte es vor allem in den Familien zu leisten, "damit sie den Weg des Seminaristen unterstützen", denn teilweise gebe es eine "heftige Ablehnung" dem Priesterberuf und der Kirche gegenüber. Schneider führt das etwa auf die Missbrauchsfälle und die Missbrauchsdebatte in den Medien zurück. "Diese haben dem Ansehen der Kirchen und dem Priesterberuf sehr geschadet." Auch wenn Eltern nicht unmittelbar gegen den Priesterberuf seien, so hätten diese oft die Befürchtung, ihre Söhne dienten "einer Institution, die gesellschaftlich nicht mehr ganz integer ist".
Eine Schlüsselstelle in der Auseinandersetzung mit den jungen Männern sei die Einführung in die gläubige Erfahrung und den Vollzug des Glaubens im Alltag. Denn das "Sensorium für das Heilige" sei in den Familien häufig verloren gegangen. "Meine Hauptarbeit als Spiritual mit 18- bis 20-Jährigen ist also zuerst die einer Glaubensschule", erläuterte der Spiritual.
Glaube helfe dabei, das eigene Leben zu verstehen und authentisch zu gestalten. Dabei gehe es nicht nur um Glaubenssätze, sondern um ein tiefes Eintauchen in das Leben und den Glauben als "ganzheitliches Leben in den 24 Stunden des Alltags" zu verstehen.
Der Glaube biete etwa Antworten darauf, "wie ich auch mit Brüchen in der Lebensgeschichte und mit verfahrenen Situationen umgehen kann". Mit einer solchen gläubigen Lebensschulung stehe die Kirche nach Einschätzung Schneiders aber noch ganz am Anfang, weil diese oft den Eindruck vermittle: "Der Christ ist derjenige, der in allem integer ist und eine weiße Weste aufzuweisen hat."
Neben seiner Funktion als Spiritual ist der Theologe auch "Großarchimandrit des Patriarchats von Antiochien" und damit Repräsentant der griechisch-katholischen Kirche in Deutschland. Die kriegerische Situation in Syrien ist für ihn eine "unheimliche Erfahrung", da ein Land im Begriff sei, auszubluten. "Syrien selbst ist nicht der alleinige Urheber dieser Situation, auch nicht Präsident Assad." Die Grundfrage für Schneider ist daher: "Wer hat Interesse daran, Syrien zu zerstören?" So sei Syrien "sicher auch Opfer von Gewalt und Machtinteressen anderer Länder". Begeistert zeigte er sich von der Arbeit der Kirchen vor Ort. "Sie werden sicherlich gestärkt aus dem Krieg hervorgehen."
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