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Wie Irenäus auf die Digitalisierung unseres Lebens reagiert hätte

12. Juli 2024 in Spirituelles, keine Lesermeinung
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Die digitale Version einer Freundschaft ist einfacher und bequemer, aber sie ist nicht annähernd so befriedigend, meint Michael Rennier in einem Beitrag über den heiligen Irenäus.


New York (kath.net / pk) Was hatte der heilige Irenäus zur digitalen, virtuellen Wirklichkeit gesagt? Mit dieser Frage befasst sich ein Beitrag von Michael Rennier auf „Aleteia“. Wie sein Mentor und Lehrer Polykarp, legte auch der heilige Irenäus großen Wert auf die Körperlichkeit und physische Erlebbarkeit des christlichen Glaubens.

Polykarp selbst war ein Jünger des Apostels Johannes gewesen, der sein Evangelium mit den berühmten Worten begann: „..und das Wort ist Fleisch geworden“. Sein Fokus lag stets darauf, wie berührbar, greifbar und spürbar der Glaube ist. Er bedeutet, „dass das, was in der physischen Welt geschieht, wichtig ist, weil Gott selbst es heilig gemacht hat“, schreibt der Autor.

Diese Lehre wurde auch an Irenäus weitergegeben, und er schrieb später sogar über die Körperlichkeit seiner eigenen Bekehrung zum Glauben. Er schreibt: „Ich könnte euch den Ort nennen, an dem der selige Polykarp saß, um das Wort Gottes zu predigen.“ Er konnte sich den Ort genau vorstellen, und wann immer er an seinen Mentor dachte, tauchte dieser Ort in seiner Erinnerung auf.

Für Johannes war klar: Das Evangelium nicht nur eine Idee ist, sondern eine Person, Jesus Christus. Für Irenäus war seine Bekehrung deswegen keine zufällige Idee, sondern sie nahm Gestalt an durch eine reale Person aus Fleisch und Blut. Wahrscheinlich war dies der Grund, warum er gnostische Ideen ablehnte.

Die Grundidee des gnostischen Gedankenguts ist, dass die materielle Welt der geistlichen Welt unterlegen ist. Erlösung bedeutet, aus dem Gefängnis des Leibes zu entkommen. Die Gnostiker konzentrierten sich ausschließlich auf das „innere“ Wissen des Christentums.


Gnostisches Gedankengut zog sich durch die Jahrtausende und ist auch heute verbreitet. Das Ergebnis sei „ein Zusammenbruch der Bedeutung dessen, was es bedeutet, ein Mensch zu sein“ sowie „eine Verflachung unserer Erfahrung auf innere Dispositionen und vergeistigte Konzepte“, schreibt Rennier.

Irenäus verfasste die Schrift „Gegen die Häresien“, wo er feststellte, dass das Christentum nicht versuche, der Welt zu entkommen, sondern diese zu erlösen. Die physische Welt ist von Gott geformt, hielt er fest. Jegliches Glück sowie alle Erkenntnis schließe das Physische mit ein.

„Ich frage mich, wie Irenäus wohl auf die Digitalisierung unseres Lebens reagiert hätte“, schreibt Rennier. „Soziale Medien, SMS und Fernsehen sind sicherlich nicht ,gnostisch‘, aber ich frage mich, ob die übermäßige Nutzung digitaler Technologien einen ähnlichen, verflachenden Effekt hat. Die Gnostiker reduzierten Gott auf eine Idee, das digitale Zeitalter reduziert alles andere.“

Der Autor beschreibt einen seiner kleinen Akte des „Widerstands gegen das digitale Zeitalter“, etwa nach draußen zu gehen und Fahrrad zu fahren. „Da wir diese Woche in den Bergen von North Carolina sind, beschloss ich heute Morgen, eine Bergstraße hinauf zur Spitze einer Skipiste zu fahren. Auf dem Weg nach oben hatte ich den üblichen Gedanken: ,Warum tue ich mir das an? (Niemand hat behauptet, dass es einfach ist, sich gegen die Digitalisierung des Daseins aufzulehnen) … Jeder, der schon einmal die Anstrengung auf sich genommen hat, einen Berggipfel zu besteigen, kennt dieses Gefühl. Es ist physisch einzigartig und unwiederholbar.“

Bilder könnte niemals das echt Erlebte ersetzen, hält der Autor fest. „Die Realität des Erlebnisses lässt sich nicht aus der sinnlichen Welt entfernen.“ Es gebe viele Beispiele: „Orte, an denen wir alle waren, die Menschen, mit denen wir Zeit verbracht haben, und die unwiederholbaren Erfahrungen, die ein Leben ausmachen. Da gibt es den ersten Tanz mit der Jugendliebe, das Lieblingskonzert und das Gefühl, von Menschen umgeben zu sein, die ihre Lieblingssongs mit der Band singen, im Stadion zu sein und das siegreiche Spiel mit eigenen Augen zu sehen, zu schreien und wildfremden Menschen ein High-Five zu geben, weil alle so glücklich sind.“

Der Autor bekennt, dass es ihn selber oft Überwindung koste, auszugehen und am wirklichen Leben teilzunehmen, und er ziehe es oft vor, zuhause zu bleiben, was er später dann bedauere. „Jedes Mal, wenn ich mich zu einer Party schleppe, amüsiere ich mich am Ende doch“, schreibt er. „Ich treffe Leute, die ich vielleicht monatelang nicht gesehen habe, und es ist viel schöner, Zeit mit ihnen zu verbringen, als ab und zu eine SMS zu schreiben oder die Bilder der anderen in den sozialen Medien zu liken. Die digitale Version der Freundschaft ist einfacher und bequemer, aber sie ist nicht annähernd so befriedigend.“

„Was würde der heilige Irenäus dazu sagen?“, fragt Rennier. Online-Verbindungen seien wertvoll und können sogar lebenswichtige Unterstützung sein, wenn das Leben schwierig sei. „Ich nutze soziale Medien und poste dort Bilder und Gedanken zu genau diesem Zweck“, erzählt er. „Ich bin nicht dafür, die Verbindung ganz abzubrechen, sondern ich bin für Mäßigung.“

„Die digitale Welt ist vor allem gut, um Fernbeziehungen zu pflegen und Gleichgesinnte zusammenzubringen, die sich über das, was sie lieben, verbinden. Aber unsere digitale Präsenz kann die physische Welt niemals ersetzen. Was hätte also der heilige Irenäus dazu gesagt? Wahrscheinlich hätte er darauf hingewiesen, dass die menschliche Erfahrung all diese Aspekte umfassen sollte.“

Unser inneres Leben sollte sich in realen, physischen Handlungen und Erfahrungen ausdrücken; diese wiederum formen und beeinflussen unser Leben. „Wir können nicht ausschließlich in der digitalen Welt leben, sonst verpassen wir die Hälfte der Erfahrung, lebendig zu sein“, schreibt der Autor.

Was hätte also der heilige Irenäus gesagt? „Sein Rat wäre wahrscheinlich einfach. Streng dich mehr an. Geh auf eine Party. Mach einen Spaziergang. Leg das Telefon weg und spiele mit den Kindern. Gott hat uns einen physischen Körper gegeben und uns in eine materielle Welt gestellt. Geh raus und genieße sie!“


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